Bericht zur flächendeckende Testung von Pflegeeinrichtungen im Saarland
1. Hintergrund und Problematik
Anfang April 2020 musste auch in den Stationären Altenhilfeeinrichtungen im Saarland ein sprunghafter Anstieg der COVID-19-Fälle bei den Mitarbeiter/innen sowie Bewohner/innen verzeichnet werden. Nach Überzeugung der Saarländische Pflegegesellschaft (SPG), die alle Stationären und Teilstationären Altenhilfeeinrichtungen sowie mehr als 90 % der Ambulanten Dienste im Saarland vertritt, musste alles dafür getan werden, um einen Aufnahmestopp, wie er in einigen anderen Bundesländern zu diesem Zeitpunkt bereits verhängt wurde, im Interesse der auf stationäre Versorgung angewiesenen pflegebedürftigen Menschen zu vermeiden. Voraussetzung für den Verzicht auf einen landesweiten Aufnahmestopp war nach Einschätzung der SPG die Herstellung vollständiger Transparenz über die aktiven COVID-19-Fälle in den Stationären Altenhilfeeinrichtungen. Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung trat die SPG im April an das saarländische Gesundheits- und Sozialministerium heran mit dem Vorschlag, alle Altenheime im Saarland einem flächendeckenden Screening sowohl bezogen auf die Mitarbeiter als auch auf die Bewohner zu unterziehen.
Das saarländische Gesundheits- und Sozialministerium hat den Vorschlag sehr schnell aufge-griffen und unter Federführung des Helmholtz-Instituts des Universitätsklinikums Saarland in Homburg gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) in Sulzbach sowie dem Landesamt für Verbraucherschutz das Projekt „SaarCoScreen“ konzipiert. Kerninhalt des Projektes ist die flächendeckende Testung nach dem vom Universitätsklinikum entwickelten Poolverfahren. Bei diesem Verfahren werden jeweils Pools von insgesamt 20 Proben analysiert; diese setzen sich wiederum aus jeweils vier Fünferpools zusammen. Weist ein Pool keine Auffälligkeiten auf, kann für die getesteten 20 Personen eine COVID-19-Erkrankung ausgeschlossen werden. Sofern in einem Pool Auffälligkeiten festge-stellt wurden, wird dieser rückwärts in Fünferpools aufgelöst, bis letztlich im Bedarfsfall die Einzeltestung erfolgt.
Rechtsgrundlage für die flächendeckende Testung war § 25 des Infektionsschutzgesetzes: Hiernach erhielten die Gesundheitsämter die Befugnis, die vom Altenheim im Rahmen des Projektes festgelegten Mitarbeiter/innen als „Beauftragte des Gesundheitsamtes“ damit zu beauftragen, bei den Bewohner/innen sowie den Mitarbeiter/innen die erforderlichen Abstriche im Nasen-Rachen-Raum durchzuführen. Die beauftragten Mitarbeiter/innen waren dem Gesundheitsamt zu melden.
Nach § 25 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz wurden die Bewohner/innen sowie die Mitarbei-ter/innen der Einrichtung vom zuständigen Gesundheitsamt des jeweiligen Landkreises verpflichtet, die Untersuchungen durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes zu dulden. Im Interesse einer zügigen Durchführung des Projektes hatte diese Regelung für die Einrichtungen den Vorteil, dass die Einholung von Einverständniserklärungen durch die Bewohner/innen, Angehörigen sowie Betreuer nicht erforderlich war.
2. Durchführung des Projektes
Die verfahrenstechnische sowie logistische Abwicklung des Projektes stellte sich wie folgt dar:
• Die Lieferung des Probematerials erfolgte am Vorabend des Testtages durch das Landesamt für Verbraucherschutz.
• Die Probenahme erfolgte durch entsprechend geschulte Fachkräfte der Einrichtungen; hierzu wurde ein Schulungsvideo zur Verfügung gestellt.
• Eine erste Testung der Mitarbeiter/innen in den Einrichtungen wurde in der Regel morgens bei der Übergabe von der Nachtschicht zur Frühschicht durchgeführt; für die Testung der Bewohner/innen sowie der übrigen Mitarbeiter/innen stand der Rest des Tages zur Verfügung. Aus Sicht der Labore war es notwendig, Bewohner/innen und Personal in getrennten Pools zu erfassen.
• Um die lückenlose Testung ihrer Mitarbeiter sicherzustellen, mussten die Einrichtungen dafür Sorge tragen, dass am Tag der Testung tatsächlich alle Mitarbeiter anwesend waren.
• Zur Identifikation der getesteten Proben mussten die Einrichtungen Listen der Mitar-beiter sowie Bewohner/innen vorhalten, welchen Barcodes zugeordnet wurden. Die Barcodes wurden von der Uni Homburg erstellt und den Einrichtungen zur Verfügung gestellt.
• Der Transport der Proben (Tupfer) zum IBMT erfolgte in einem Zeitfenster zwischen 08:00 und 20:00 Uhr durch die Einrichtungen.
Aus der verfügbaren Poolkapazität von ca. 1.800 Tests pro Tag resultierte eine Projektlaufzeit von 12 Tagen mit ca. 10 bis 12 Einrichtungen pro Tag. Die Einsatzplanung lag in der Verant-wortung der SPG; der jeweils aktuelle Plan war auf der Internetseite der SPG mit einer Vorlaufzeit von jeweils zwei Tagen veröffentlicht.
3. Ergebnisse und zusammenfassende Bewertung
Die Durchführung der flächendeckenden Testung der saarländischen Altenhilfeeinrichtungen erwies sich als logistischer und organisatorischer Kraftakt, der ohne größere Schwierigkeiten mit hohem Engagement der Projektpartner bewältigt werden konnte. Lediglich vereinzelt wurden Fälle gemeldet, in denen insbesondere demenzkranke Bewohner/innen ihre Mitwirkung bei der Abstrichnahme verweigerten. Diese Fälle wurden dem zuständigen Gesundheitsamt benannt.
Darüber hinaus war mit der Anwendung des Poolverfahrens notwendigerweise die Konsequenz verbunden, dass diejenigen Einrichtungen ausgeschlossen wurden, bei denen vor dem Projektstart bereits positive COVID-19-Fälle aufgetreten sind – in diesen Einrichtungen wäre mit großer Wahrscheinlichkeit die Mehrzahl der Pools auffällig gewesen, sodass eine Vielzahl von Einzeltestungen notwendig gewesen wäre. Diese Einrichtungen wurden daher nicht in das Projekt einbezogen, sondern von den zuständigen Gesundheitsämtern betreut. Nicht nur gegenüber den Mitarbeiter/innen dieser Einrichtungen, sondern insbesondere gegenüber den Bewohnern und ihren Angehörigen war es oftmals schwer zu vermitteln, wieso die betroffenen Einrichtungen von dem Verfahren der flächen-deckenden Testung ausgeschlossen wurden.
Das erfreuliche Ergebnis des Projektes: Alle Pooltests waren negativ. Vor diesem Hintergrund konnte von der ursprünglichen Planung, wonach die Bewohner nach einer Woche ein zweites Mal getestet werden, Abstand genommen werden. Lediglich die Mitarbeiter der Einrichtungen wurden zur Sicherheit in der Zeit vom 13. bis zum 28. Mai 2020 ein zweites Mal nach dem Poolverfahren getestet; auch diese zweite Testreihe hatte keine weiteren COVID-19-Fälle zum Ergebnis.
Erfreulich aus Sicht der Altenhilfeeinrichtungen war darüber hinaus, dass die Kosten vollständig vom Ministerium übernommen wurden; seitens der Einrichtungen musste lediglich das Personal zur Durchführung der Abstriche sowie für den Transport der Proben gestellt werden.
„Das Projekt SaarCoScreen mit einem flächendeckenden Screening aller Stationären Alten-hilfeeinrichtungen im Saarland hat maßgeblich zu einer Beruhigung der Bewohner sowie Mitarbeiter beigetragen“ so die SPG. „Wir sind froh, dass auf diese Weise ein Beitrag geleistet werden konnte, um Ängste abzubauen und den Bewohnern ein Stück Normalität und somit Lebensqualität wiederzugeben.“