Stellungnahme
zum Entwurf einer Verordnung über bauliche Anforderungen für Einrichtungen nach dem saarländischen Wohn-, Betreuungs- und Pflegequalitätsgesetz (saarländische Wohn-, Betreuungs- und Pflegequalitätsmindestbauverordnung)
I. Grundsätzliche Einschätzung des VerordnungsentwurfsDie aktuell gültige Rechtsgrundlage hinsichtlich der baulichen Anforderungen für Einrichtungen nach dem saarländischen Wohn-, Betreuungs- und Pflegequalitätsgesetz basiert auf der Heimmindestbauverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Mai 1983 (BGBl I, Seite 550), geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl I, Seite 2.346). Insofern stellt der vorliegende Verordnungsentwurf die notwendige Weiterentwicklung und Modernisierung der Rechtsgrundlage für bauliche Anforderungen Stationärer Pflegeeinrichtungen sowie die damit verbundene Schaffung von Planungs-sicherheit für neue Einrichtungen dar.
Als Hauptproblem sieht die Saarländische Pflegegesellschaft (SPG) die vorgesehenen Regelungen zur Anpassung der baulichen Strukturen bestehender Einrichtungen im Rahmen einer zehnjährigen Übergangsfrist: Die Umsetzung der verschärften baulichen Anforderungen wäre für eine Vielzahl von Einrichtungen entweder aufgrund ihrer baulichen Strukturen faktisch nicht möglich oder mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden, welcher die wirtschaftliche Existenz dieser Einrichtungen gefährden würde. Vor dem Hinter-grund dieser Tatsache sehen wir die dringende Notwendigkeit, den bestehenden Einrich-tungen anstelle der im Verordnungsentwurf vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten bzw. Übergangsregelung einen echten Bestandsschutz zu gewähren; ein solcher dauerhafter Bestandsschutz ist nach unserer Überzeugung notwendig, um die Versorgung im Bereich der Stationären Altenhilfe auch in den nächsten Jahren sicherzustellen.
Aufgrund der aktuellen Krisensituation war eine intensive inhaltliche sowie fachliche Ausein-andersetzung leider nicht in allen Punkten möglich; dies betrifft insbesondere die Regelungen zu § 1 Abs. 3, deren Auswirkungen nur auf der Grundlage der Ergebnisse einer fundierten baufachlichen Bewertung abgeschätzt werden können. Die Erarbeitung einer derartigen baufachlichen Stellungnahme ist in die Wege geleitet, konnte jedoch aufgrund der momen-tanen Situation noch nicht fertiggestellt werden. Die SPG wird daher zu einzelnen Punkten betreffend die baufachlichen Auswirkungen noch ergänzende Anmerkungen vortragen mit dem Ziel, in die fachliche Diskussion einzusteigen.
II. Stellungnahme zu einzelnen Paragraphen(1) § 1 – Anwendungsbereich, allgemeine AnforderungenDie in Abs. 3 vorgesehene Regelung, wonach mehr als 25 % der Plätze rollstuhlgerecht im Sinne der DIN 18040-2 sind, ist nach unserer fachlichen Überzeugung im Hinblick auf das hochgradig betreuungsbedürftige Klientel in Pflegeeinrichtungen zu weitgehend: Die Bewoh-ner/innen in Pflegeeinrichtungen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, brauchen eine regel-hafte Begleitung und Betreuung durch das Personal der Pflegeeinrichtung, sodass die hohen Vorgaben der DIN 18040-2 in diesem Umfang nicht erforderlich sind. Aus fachlicher Sicht halten wir eine Quote von 10 % der Plätze für eine vertretbare Größenordnung; alternativ schlagen wir vor, die 25 %-Quote hinsichtlich der gemäß DIN 18040-2 rollstuhlgerechten Plätze als Soll-Vorschrift und nicht als verpflichtende Quote zu definieren. Zur grundsätzlichen Problematik der baulichen Auswirkungen dieser Regelung verweisen wir auf die unter I gemachten Ausführungen.
(2) § 3 – Sanitäre AnlagenDie Regelung des Abs. 3, wonach in unmittelbarer Nähe von gemeinschaftlichen Wohnflächen eine rollstuhlgerechte Toilette vorhanden sein soll, sollte insoweit konkretisiert werden, als die-se Toiletten rollstuhlgeeignet sind und nicht die zusätzlichen Anforderungen der DIN 18040-2 erfüllen müssen.
(3) § 4 – Gemeinschafts- und FunktionsräumeUm den Einrichtungen die notwendige konzeptionelle Flexibilität einzuräumen, schlagen wir vor, die Formulierung in Abs. 1 und 2 zu ergänzen um „… Gemeinschaftsräume und -flächen“ oder alternativ zu ersetzen durch die Formulierung „gemeinschaftlich genutzte Aufenthaltsbe-reiche“.
Weiterhin wird vorgeschlagen, die in den Absätzen 1 sowie 4 vorgesehene Muss-Vorschrift als Soll-Vorschrift zu formulieren.
(4) § 5 – Rufanlage, TelekommunikationsanschlussNach Abs. 1 sollen Bewohnerzimmer künftig über einen Telekommunikationsanschluss verfügen, der die Nutzung von Rundfunk, Fernsehen, Telefon und Internet ermöglicht. Die Pflicht zu Vorhaltung derartiger Anschlüsse an jedem Wohnplatz halten wir für nicht zeitge-mäß; alternativ schlagen wir eine Formulierung in Abs. 2 wie folgt vor: „Den Bewohnern/innen soll die Nutzung von Rundfunk, Fernsehen, Telefon und Internet ermöglicht werden.“
(5) § 8 – Übergangsregelung und BefreiungWie bereits unter I dargelegt, halten wir die Regelung des § 8 für hochproblematisch: Die in Abs. 2 vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten von den in § 1 Abs. 2 bis § 5 genannten Mindestanforderungen für die Fälle, in denen die Erfüllung aus im Gebäudebestand technisch oder denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist, ist nach unserer Überzeugung zur Sicherung der Existenz vieler Stationärer Pflegeeinrichtungen ebenso ungeeignet wie die in Abs. 1 geregelte übergangsweise Angleichungsfrist von 10 Jahren. Um zu verhindern, dass ein nicht unerheblicher Teil der im Saarland aktuell angebotenen Pflegeheimplätze nach der vorgesehenen zehnjährigen Übergangsfrist wegfallen wird, fordern wir daher eine „echte Bestandsschutzregelung“ analog den Regelungen, wie sie in anderen Bundesländern bereits getroffen wurden.
Saarbrücken, 27. März 2020
Harald KILIAN Dr. Jürgen STENGER
(Vorsitzender) (Geschäftsführer)